Saege
menu
Meine Zersägten Kameras
6x14 Rollfilm Rückteil für Plaubel Peco Junior
6x14 Weitwinkelkamera
Kleinbild Panoramakamera
mFT Adapter mit Blende für Pentax Auto 110 Objektive
Stereo Kamera aus zwei KB Kameras
Kiev EF - russische "Sucherkamera " mit EF Bajonett
Cosina Stereo K - Stereo SLR mit Pentax Bajonett
Rolleicord Stereo - meine "Dreiäugige"
Klassische Rolleiflex mit modernem Belichtungsmesser 
Mamiya 6,3/50 an Graflex Century Graphic
Wistamiya DIY Hybrid 
Weitere eigenartige Objektivadaptionen an die Sony A7R(II)
Wistamiya II - eine Hasselblad SWC für Arme
Rolleiflex SL 2000 mit digitalem Rückteil „SWVS“
Alte Projektor Objektive an der Sony A7RII
In Bau oder in Planung
Know How
Andere eigenartige Kameras
Rudolf Keller, Fotos  1925 - 1942
Links
Kontakt /
Impressum


Eine klassische Rolleiflex mit modernem Belichtungsmesser  (2013)

Das ist ein alter Traum, eine klassische Rolleiflex mit modernem Belichtungsmesser, wobei gegen den originalen Belichtungsmesser gar nicht so viel zu sagen ist – wenn er denn funktioniert. Leider jedoch basiert er auf einer Selenzelle als signalgebendem Element, und die allermeisten dieser Selenzellen sind inzwischen nicht mehr in Ordnung, typischerweise ändern sie ihr Verhalten so, dass sie bei viel Licht zu wenig anzeigen, sie reagieren also nicht mehr linear, so dass – wenn man sich nach dem Belichtungsmesser richtet - die aufgenommenen Bilder bei wenig Licht vielleicht noch korrekt belichtet sind, bei viel Licht aber immer überbelichteter werden.

Technisch liegt das Problem an der Abdichtung der Zellen mit einer Art Lack, der undicht wird, was zur Degradation der Zelle führt. Es liegt nicht, wie gelegentlich behauptet wird, an der Menge Licht, die die Zellen zu verarbeiten hatten. Ein Selen Belichtungsmesser kann „jahrzehntelang“ in der Sonne liegen und ausschlagen, so lange die Zelle „dicht“ ist, macht ihm das nichts aus.    

Ersatzteile hat es von Rollei und vom Hersteller Gossen auch nach Einstellung der regulären Produktion (1981) noch einige Jahre gegeben, aber dann war Schluss, und es begann tatsächlich eine Art „Run“ auf die wenigen Selenzellen die noch zu bekommen waren, und ohne die die Belichtungsmesser der klassischen und viel geliebten Rolleiflexen nun einmal nicht funktionieren. Ich erinnere mich, dass ich etwa 1995 sogar einmal ein Gespräch mit jemandem von Gossen hatte, der mir versicherte, dass man immer noch ständig Anfragen von Rollei Liebhabern habe und denen auch gern helfen würde, dass man aber die ganze (historische) Selentechnik begraben und verschrottet habe und nun einfach nicht mehr helfen könne.

Und auch wenn man eine funktionierende – alte - Zelle ergattert hatte, nächste Woche schon konnte auch diese die Schwindsucht bekommen. Ich habe selbst in die Kamera die hier in Rede steht einmal eine neue Zelle einbauen lassen, die perfekt funktionierte – für etwa 6 Monate…

Inzwischen ist das alles kein Thema mehr, nur noch gelegentlich tauchen bei Ebay „neue“ (alte) Selenzellen auf, die ‚ohne Garantie und Rücknahme’ für immer noch stattliche Preise verkauft werden – und die übrig gebliebenen Liebhaber der Zweiäugigen, die das Belichtungsmesser Elend leid waren, haben nun eben einen Handbelichtungsmesser dabei oder haben eine GX gekauft.

Was schade ist, weil das typische Erscheinungsbild der späten Rolleiflexen von dieser Noppenreihe des Belichtungsmessers geprägt ist, über die ich als Kind meine Finger gleiten ließ. Auch ist die Bedienung der „F“ unerreicht, das ist Ergonomie pur, eine Rolleiflex GX ist fein, aber nur die zweitschönste Kamera, und eine F mit Handbelichtungsmesser macht mich irgendwie traurig.

Nachdem meine 3,5F also wieder nur noch einen „müden“ Belichtungsmesser hatte und ich nicht in noch eine Zelle investieren wollte, erinnere mich an eine Diskussion in der „RUG“, der Rollei User Group, ob man nicht den Selen Belichtungsmesser durch eine modernere Technik ersetzen könne, aber das führte zu nichts und das Projekt verschwand für 15 Jahre in meinem „Ideenspeicher“.

Bis ich neulich auf den Bericht von jemandem stieß, der die Selenzelle (einer Zenit) durch die Solarzelle aus einem alten Taschenrechner ersetzt hatte. Einen alten Taschenrechner hatte ich noch, und prompt schlug die Nadel aus – allerdings alles andere als richtig.

Dennoch war die Idee damit wieder in meinem Kopf und die nötige Hilfe (ich bin eigentlich kein Elektronik Fuchs) bekam ich in meinem Lieblings-Fotoforum. 

Danke Dir Jürgen, für den entschlossenen Hinweis die Solarzellen Idee zu vergessen und für die unermüdliche und geduldige Hilfe, ohne Dich wäre aus diesem Projekt nie und nimmer nichts geworden.

Die Idee war also, die Selenzelle der Kamera durch eine moderne Fotodiode zu ersetzen (BPW21) und über eine passende Elektronik das klassische Drehspulinstrument der Kamera zu betreiben, so dass die Nachführ-Belichtungsmessung der Kamera erhalten bliebe und die Kamera äußerlich nicht verändert würde. In der Kamera unterzubringen war neben der Fotodiode die Platine der Elektronik mit einer Batterie und ein Schalter um den Belichtungsmesser einzuschalten (und Kabel…).

Die Schaltung der Elektronik ist im Wesentlichen die, die im Datenblatt des verwendeten IC LM10 steht, allerdings nicht ganz – um einen Vollausschlag des Instrumentes zu ermöglichen, mussten Widerstände geändert werden.


Das Platinenlayout hat mich ziemlich an meine Grenzen gebracht, die ersten Versuche brauchten zahlreiche fliegende Leitungen, die letzte immerhin nur noch drei:

Insgesamt gab es vor der Version 1.0 die nun in der Kamera sitzt vier Prototypen. Nummer eins funktionierte, brachte aber den erwähnten Vollausschlag nicht zustande und war für den vorgesehenen Einbauraum wesentlich zu hoch, Nummer zwei und drei funktionierten nicht – warum auch immer, Nummer vier funktionierte gut, war aber immer noch zu hoch, so dass das Mattscheibenbild an einer Stelle abgedunkelt wurde.

Ich habe viel übers Löten gelernt….

Lustig war das Selektieren von zwei Transistoren, nachdem ich das ursprünglich vorgesehene (teure) Transistorenpaar LM394 kaputtgelötet hatte. Zwei Transistoren mit gleichem Verstärkungsfaktor mussten ausgewählt und diese dann zu einem Paar verklebt und mit einer „Korkmütze“ versehen werden.

 

Nun sitzt die Elektronik im Spiegelkasten, die Platine rechts des Spiegels in dem dort von Franke und Heidecke freundlicherweise und in weiser Voraussicht freigelassenen Platz, und die Batterie links unterhalb des Hebelwerks der Parallaxenmaske.

Die Kabel (es sind eine ganze Menge) stecken unterm Spiegel, und hoffentlich bleiben sie da…

 

 

Die Fotodiode sitzt an der Stelle der ehemaligen Selenzelle, wenn man genau schaut, kann man sie da auch sehen, das war nicht zu vermeiden.  

Zu klären blieb dann noch das Einschalten des Belichtungsmessers. Anders als mit der Selenzelle, die von Sonnenenergie lebt, braucht die Elektronik eine Batterie, also auch einen Schalter, besser gesagt einen Taster, weil man einen Schalter so leicht vergisst… Leider eignet sich die elektronische Schaltung nicht für einen Timer, der den Belichtungsmesser nach einmaligem Antippen für einige Sekunden anschaltet und dann wieder abschaltet. Andererseits ist die klassische Fotografierhaltung mit der Rolleiflex eine mit beiden Händen, bei der die Kamera in den Händen ruht und Zeit und Blende mit den Daumen verstellt werden – die Zeigefinger sind frei und könnten problemlos einen Belichtungsmesserschalter drücken.

Bequem, auch wenn es auf diesem Bild nicht so danach ausschaut…

Ich habe mich letztlich gegen die ursprüngliche Idee entschieden, den Beli irgendwie „mit dem Auslöser“ einzuschalten. Zum Einen ist wenig Platz, aber ich wollte auch den wunderbar leichtgängigen Auslöser der Rolleiflex nicht schwergängiger machen, der auch dazu beträgt, dass man mit der Kamera noch Zeiten halten kann, die anderswo schon verwackeln. So leichtgängig wie der Auslöser (zumindest an meiner Kamera) ist, hätte ich sicher immer wieder aus Versehen ausgelöst, wo ich doch nur den Belichtungsmesser einschalten wollte.

Stattdessen habe ich die Blitzbuchse geopfert. Das ist sicher ein Sakrileg und verändert die Kamera permanent (was ich eigentlich nicht wollte). Andererseits werde ich mit der Kamera nicht blitzen (ich blitze sowieso ungern) und der Platz ist ergonomisch prima. Der linke Zeigefinger schaltet (da wo die Blitzbuchse war) den Belichtungsmesser ein, die Daumen gleichen Zeit und Blende ab, und der rechte Zeigefinger bleibt frei zum Auslösen im entscheidenden Moment.

So ist die fertige Kamera letztlich äußerlich doch nur fast unverändert. Sie funktioniert gut, als ob sie nie anders funktioniert hätte. Den Belichtungsmesser auf den Nachführzeiger zu justieren war zum Schluss gar kein Problem, und ich habe jedenfalls nicht das Gefühl, Rollei da ins Handwerk gepfuscht zu haben. Wäre Rollei damals (1981) am Leben geblieben, hätten sie etwas Ähnliches vielleicht auch gemacht, Prototypen sind bei Prochnow zu sehen.

Ein Wort der Vorsicht noch an eventuelle Nachahmer, die auch unter dem lahmen Beli ihrer geliebten „F“ leiden. Ich freue mich sicher sehr darüber, sollte sich jemand von meinen Basteleien inspiriert fühlen, diese Bastelei jedoch war nicht simpel, auch wenn sie jetzt so unauffällig aussieht. Ich gebe gern Hilfestellung, aber „Plug and Play“ ist dieser Belichtungsmesser nicht…

 

(nach oben)